Samstag, 16. Januar 2021

Gegenbewegung

You can make it, if you really try - really? 

Any Rand schreibt in dem Buch, das ich gerade lese: Das Erfolgsgeheimnis totalitärer Kräfte besteht gerade darin, im Prozess der systematischen Unterjochung der Massen nicht auf ihre Unterstützung, sondern ihre dumpfe Gleichgültigkeit zu setzen. 

Das "The winner takes it all Prinzip", die Hierarchie, nach der unsere Welt im Moment organisiert ist, beruht auf Leistung, wird uns erzählt. Nur die Besten werden mit Positionen, Anerkennung, Ehre und Ruhm belohnt und bezahlt, alle anderen sind selber Schuld bzw. verantwortlich, weil sie faul sind und "es" nicht genug wollen.

Zufällig stoße ich auf ein Videoportrait der erfolgreichsten Tik Tok-in der Welt Charli D`Amelio, ein Mädchen, die ein zwanzig Sekunden Video hochgeladen hat und seit dem einen komentenhaften Aufstieg am Stenenhimmel der Schönen und Berühmten erlebt, bei dem sie ihre ganze Familie mitzieht. Alle haben ihre normalen Job´s, ihr kleines Haus in einer Kleinstadt an der Ostküste verlassen und leben jetzt in einer Villa in Los Angeles von den Einkünften durch TikTok und dem Merge drumherum. Ich erzähle die Gesichte, weil sie den Mythos "Wenn Du es wirklich willst, kannst Du es schaffen!" widerlegt. Für den Erfolg hat Charli nicht hart gearbeitet oder ihn konsequent verfolgt, sondern war zu rechten Zeit am rechten Ort und hatte einfach Glück.

Die Ab­ge­häng­ten und Ge­de­mü­tig­ten der schö­nen neu­en Wett­be­werbs­welt glauben darum nicht mehr an diese Gesellschaft. Vielleicht glauben sie auch nicht mehr an die Erzählung, dass Leistung zum Aufstieg führt. Sondern Zufall und Glück. Vielleicht versuchen sie dieses Glück und den Zufall mit Magie zu beeinflussen, ver­klei­den sich als Scha­ma­nen und len­ken al­le Wut auf dä­mo­ni­sche Kräf­te im Now­he­re der Welt­ge­sell­schaft, die sie für ihre Situation verantwortlich machen. Der Philosoph Boris Groys gibt daran den Di­gi­tal­kon­zer­nen Schuld, weil sie die Men­schen in den so­zia­len Netz­wer­ken zu mys­ti­schem Den­ken, zum Aber­glau­ben an die Mäch­te der Fins­ter­nis verleiten. Er schlägt vor, die Über­macht der Tech-Kon­zer­ne durch Enteignung zu brechen, sie zu Transparenz zu zwingen. »Das bes­te Mit­tel ge­gen QA­non ist die Wie­der­ver­ge­sell­schaf­tung der Da­ten­be­stän­de«, schreibt er.

Leute wie die amerikanische Philosophin Nan­cy Fra­zer glaubt, dass das nicht weitreichend genug ist, dass nicht nur der Teu­fels­kreis aus Macht und Reich­tum durch­brochen werden muss, sondern die Lei­den von Frau­en und schwar­zen Men­schen mit je­nem Leid in Be­zie­hung gesetzt werden muss, das auch viele Trump-Wäh­ler quält. Allen zusammen müsste die Gewissheit und das Vertrauen zurückgeben werden, dass sie po­li­ti­sch Ein­fluss neh­men kön­nen, anstatt fal­schen Pro­phe­ten zu vertrauen. 


Das bedeutet aber an eine aktive und mündige Menge zu glauben. Ich frage mich aber wie realistisch ist das?

Wieviele von uns glauben, dass sie es schaffen können, wenn sie sich nur anstrengen?

Wie viele von glauben, dass ein komentenhafter Aufstieg Zufall ist. Und wieviele verstehen beides als Ablenkungsmanöver und Täuschung, während die eigentliche Macht, der eigentliche Einfluss unangetastet bleibt.


Warum hat Trump so viele Anhänger und keiner von ihnen sieht, dass er sie alle für sein Ego, zur Vermehrung seines privat Vermögens manipuliert?


Sonntag, 10. Januar 2021

Bewegung

Körper


Was hat Dich diese Woche bewegt?

Hast Du Dich diese Woche bewegt?

Auf gewohnten Pfaden?

Oder auf neuen Wegen?

Hast Du Dich hinzu oder weg von ... bewegt?

Oder hast Du Dich gar nicht bewegt?

Bist nicht vom Fleck gekommen,

zu Hause geblieben?

Stehen geblieben?

Festgefahren?

Zugeschüttet?

Oder losgelöst?


Wie war die Woche? 

Freitag, 1. Januar 2021

Werben?

Kunst

Kunst machen ist Werbung für das Ich, Propaganda für Protagonisten. Kunst heißt sich zeigen, schützt und erhält Privilegien, Privilegien von denen sich niemand freiwillig trennt. 

Bewegung
Dies hier haben wir irgendwann mal unser Bewegungstagebuch genannt.
Meistens schreiben Ursina und ich hier über etwas, was uns emotional bewegt hat, seltener über unsere Bewegungen im Raum, in der Stadt, bei der Arbeit.
Aber dieser Eintrag handelt von körperlicher Bewegung, der Bewegungen von Jill Soloway, die und der Bewegung des Blicks, die ein Dreieck bilden.
 
Male gaze
Die Sätze am Anfang sind von Jill Soloway, aus einem Vortrag von 2016 der live auf youtube gestreamt wurde und "the female gaze" heißt. Ursina hat mir von diesem Vortrag erzählt. Ich hatte vorher noch nicht von ihr gehört, wahrscheinlich weil ich mich weder mit Frauenfragen, noch mit der Metoo Bewegung oder mit TV-Serien intensiv beschäftige oder letztere besonders viel sehe. 
Jill Soloway erzählt, sie sei mit der Serie Loveboat aufgewachsen, aus der sie eine drei Kameraeinstellungen beschreibt, um zu verdeutlichen, was Male Gaze ist: erstes Bild Titten, zweites Bild die Pinacolada, dann beginnt die Szene.
Male gaze - der Begriff stammt von Laura Mulvey aus ihrem Essay von 1979 "narrative cinema and visual pleasure" - ist die Art und Weise, wie bildende Kunst und Literatur die Welt und Frauen aus männlicher Sicht abbilden, eine Welt in der sie Frauen als Objekte männlichen Vergnügens präsentieren. Dieser Blick setzt sich aus drei Aspekten zusammen: der Person hinter der Kamera, den Charakteren oder Protagonisten des Films und den Zuschauern. Jill Soloway sagt dann, dass sie erst dachte, es ist EIN Blick und ihr dann bewußt wurde, es ist ein DREIECK, eine Energie, die von drei Seiten kommt! Und dieser Male gaze, der männliche Blick auf die Welt ist alles, die Art wie wir als Geschellschaft die Welt sehen und unsere Rollen finden, innerhalb dieser Sichtweise und Interpretation von Leben.

Role Model
Das Besondere an Jill Soloway finde ich, ist sie selbst. In dem Moment, in dem ich hier zu höre und zus sehe kommt es mir so vor als sei es die erste Frau, die ich ernst nehme. Warum kommt es mir so vor? Woran liegt das? Weil sie nicht diese typische weibliche Rolle spielt? Weil sie wie eine Frau gestylt ist.
Ihre Haltung, die Körpersprache: tough, raumgreifend, selbstbewußt, selbstbestimmt, unabhängig, angstfrei und unkokett. Sie will nicht, sie muss nicht gefallen. In dem Sinne ist sie anders als viele, die  meisten Frauen in den Medien zumindest. Ein echtes Role Model, so viel stärker als alle mehr oder weniger hübschen, weiblichen Menschen in der Öffentlichkeit. Sie zu sehen und zu zuhören macht Mut.

Donnerstag, 24. September 2020

©alexandra polina 2020


 

body poem (for sascha)

this body is out of control. I gave her little food - a lot of food. I brought her to the seaside and the bunker. this body just rebells everywhere. trying to control her - only makes it worse. he cries. she fights. he laughs. she fucks. I gave her drugs - she ignored it some times she tripped other times she never recovered fully. she aged he aged it changed all the time. This body is out of control. I love it.

Dienstag, 22. September 2020

Keine Gewalt in meiner bubble

Eine Woche aus dem Leben einer Tanzschaffenden. Gestern Abend musste ich den Kleinen entlausen bis 23 Uhr die Nissen und Läuse aus dem Haarwust kämmen. Die Große hat Mensschmerzen, derartig, dass ich mir nicht mehr sicher bin, ob wir sie mitnehmen können. Husten hat der Kleene auch noch immer. Wir fahren trotzdem los, nachdem ich um 14 Uhr von der Jurysitzung komme. Direkt in den Bus. Hoffentlich haben wir die Kostüme alle mit. Auf der Rückbank TKKG vorne Fluchen, weil fast Stau. Wir kommen im Dunkeln an. Dortmund. Souterrainwohnen. 3 Zimmer mit nur 2 Fenstern. Alles gekachelt. Ich schlafe nicht, weil die Kacheln alle Geräusche verstärken und ich sowieso vor Gastspielen schlecht schlafe. Ich träume nichts - lausche die ganze Nacht auf den Bienenstock vorm Fenster. Nächster Morgen Probe und 2 Anträge fertig machen. Heute ist deadline, der Text fast fertig. Der Finanzplan stimmt nicht. Nochmal neu. Einkaufen, Kochen, Essen, die Große an die Hausaufgaben erinnern. Streit schlichten. Dann Proben mit nur 3 Tänzer*innen, weil eine noch ne wichtige Probe in Bremen hat. Dann verkacken wir die erste Show von WITCHES. Naja, es läuft halt noch nicht rund, weil wir uns lange nicht zusammen bewegt haben. Neuer Raum und so. Der nächste Abend läuft richtig gut. Wir sind mega eingetuned aufeinander und die Stimmung ist prächtig. Vor der Vorstellung merke ich, das der Film für die Theaternacht - ein andere Projekt digital - auf der Website nicht auftaucht. Was ist da los? Der Server ist überlastet stellt sich heraus. Soviel zum Thema Digitalisierung. Im letzen Moment haut es doch hin. Der Film ist am Start. Die Anträge raus. Es stimmt aber etwas nicht mit dem Dokument. Es ist leer. Nochmal das ganze. Die Show am Abend - wie gesagt - ist perfekt, das Stück verselbstständigt sich. Excessive Showing. Rotwein trinken, Interview geben, mit Dramaturg*in sprechen. Alles ganz leicht. Abbau, einpacken losfahren, ankommen in Hamburg ausräumen, essen kochen, streitschlichten. Alles liegt auf dem Boden rum. Man kommt nicht richtig durch die Wohnung durch. Ich kriege Sehnsucht nach Weite, Strand, Meer, Platz. Der Kleene liegt im Bett kannst du noch Gute Nacht sagen? Am nächsten Tag die Vitrine im Museum bespielen und keine Pause machen. Ich kann nicht einschlafen, weil ich zu müde bin. Kennst du das? Da ist so ein Punkt überschritten und da geht das loslassen nicht mehr. Also bleibe ich wach. Das Seminar nächste Woche dreht sich um das #wild_archive. Mein Rechner und meine Festplatte wurden vor zwei Wochen geklaut, mein handy auch. Das ganze Archiv ist weg - futsch, nicht mehr vorhanden. Ich schöpfe unvorbereitet aus meinen Kenntnissen der Improvisation und sehe aus wie ein Gespenst. Eines fließt ins andere und es gibt kaum Ränder an denen das eine aufhört und das nächste anfängt. Das ist meine bubble. Mein geschützter bubble Raum, der die Realität so gut wie möglich draußen lassen will und es doch nicht schafft. Ich höre Nachrichten und trinke 2 Kannen Espresso. Hey - keine Gewalt in meiner bubble. Ich träume von einer Überschwemmung, eine Welle, ein Meer, dass mein Haus erfasst und unterspült. Ich träume von blitzenden Lichtern auf bleifarbenem Wasser. 

Wie hältst du das aus, Silke? So krasse Ereignisse auf der Arbeit? Was machst du damit? 

Donnerstag, 27. August 2020


©Sinje Hasheider WITCHES 2019

es ist nie zu spät, die vergangenheit zu ändern

wie würdest du die geschichte ändern, wenn du jetzt die gelegenheit dazu hättest?
als kind lag ich oft wach und dachte über die drei wünsche nach, die feen normalerweise zuteilen, die sich bei mir aber nie blicken ließen, obwohl ich bestens vorbereitet war. keine kriege, keine Krankheiten und dass meine mutter über 100 jahre alt werden sollte. Das hätte ich mir, zusammen mit millionen anderen kindern vermutlich in den 80ern gewünscht. ich dachte der 3. weltkrieg passiert morgen und die welt geht komplett unter und tschernobyl ist passiert. es fühlte sich an, wie der untergang. das war es auch.
ich denke, was wir uns für die zukunft wünschen, sollten wir uns in der vergangeheit gewünscht haben. es ist nie zu spät für eine glückliche kindheit - wie es beim nlp heißt!
aber wie ändern sich nun die geschichten? es ist sehr einfach. von konzepten und diskursen her gedacht, genügt ein paradigmenwechsel, oder ein dekonstruktiver perspektivwechsel, um die vergangenheit zu ändern. So, wie ein lichtwechsel auf der bühne, der die einen gegenstände und figuren sichtbar, die anderen unsichtbar werden lässt. ein patriarchaler blick wird die leben aller menschen, die ihre zeit mit reproduktiver arbeit verbracht haben im dunkeln lassen, während ein feministischer blick die heroen, die weltenentdecker und urväter, die genies und die herkünfte im dunkeln verschwinden lässt. schon ist die geschichte geändert, könnte ich jetzt denken, aber natürlich noch nicht, denn der planet ist keine bühne, die welt keine szeografie und die lebewesen folgen keinem drehbuch. geschweige denn, dass sie irgendwo blieben - sie bewegen sich und verwandeln sich und fressen und zeugen und es ist ein einziges chaos. was ist es also, was sich verändert? karen barad sagt vom standpunkt der quantenphysikerin aus: superposition ist ein state, in dem etwas ein teilchen und eine welle und noch etwas anderes und noch vieles andere sein kann. nicht ist es: ein teilchen oder eine welle, auch nicht ein teilchen und eine welle, sondern es ist vieles. und dieses viele ist möglich. eine andere vergangenheit ist möglich. sie sagt, uns fehle der begriff, um das zu beschreiben. und wenn der begriff fehlt, fehlt meistens auch die vorstellung aber vor allem die erfahrung damit. also muss erst mal erfahrung mit der veränderung von vergangenheiten her.

es besteht eine dualistische kluft zwischen dem, was als vergangenheit und zukünftig gilt. in der zukunft liegt eine unternehmerische kraft, die immer mehr aufgeladen wird mit wachstum und gigantik - auf kosten der vergangenheit. aber auch umgekehrt wird im kapitalismus die zukunft vehökert, um profit aus der vergangenheit zu quetschen. die zuwendung zur zukunft hat jedoch etwas eleganteres, geistigeres, offenes, während die vergangenheit meistens unangenehme wahrheiten produziert, die zum himmel stinken. die verpflegung der leute, die gegangen sind, ist ein undankbares geschäft. die trauerarbeiterin genießt kein hohes ansehen, die visionärin schon. erinnerungsarbeit ist hart, imaginieren recht leicht, denn wer kann schon prüfen, wie detailliert das innere bild ist, wie lückenhaft der erdachte entwurf. das genie träumt die sinfonie über nacht und muss sie moregns nur noch notieren… bla bla. alles notierte entsteht beim schreiben, alles gesprochene bein sprechen und jede bewegung im tun.

Montag, 24. August 2020

Aufräumen

hab ich zu letzt gesehen, ist glaube ich RealityTV oder so - auf Netflix. Krasser Schock: Diese Massen von Dingen, die sich die Leute angeschafft hatten, lauter Müll, der rumlag, in jeder Ecke, in jedem freien Winkel aufgetürmt wurde, für den sie Geld ausgegeben hatten und der sie nun zu ersticken drohte, sie lähmt, mit dem sie alleine nicht mehr klar kamen, weil sie diesen leeren Kram aufgeladen hatten mit Gefühl - so viel Gefühle für leblosen Scheiß. Da musste eine kleine Japanerin helfen kommen, so eine kleine Puppe, die den Leuten erzählt, wie sie es schaffen können, Berge von Kleidung und Kram wegzuschmeissen. Ich habe auch ein Buch gelesen über Psychotherapie bei strenggläubigen Menschen. Und mich gefragt, was ich als nächstes machen soll. Hast Du DIch das auch schon mal gefragt? Ich muss mich neu erfinden, irgendwie. Was machst Du gerade? Ich habe Fotos von Dir auf Instagram gesehen, das sah so aus als würde bald ein neues Stück von Dir rauskommen. wann ist es so weit? Draußen ist dieser Regen, ich finde, es riecht schon nach Herbst. vielleicht ist der Sommer jetzt vorbei. Als ich in Berlin war für das Recherche Projekt Der Körper: Wille Vorstellung und Irrtum. Habe ich festgestellt, dass ich mit den HU´s und Richmute vorallem sagen wollte: Hey, es gibt so viele Leute, die unsichtbar sind. Es wäre so einfach gewesen das zu sagen, statt dessen bin ich sehr viele Umwege gegangen. Hast Du früher davon geträumt Künstlerin zu sein? Ich habe mir das früher toll vorgestellt. Ich glaube, weil ich mir vorgestellt habe, nicht so eine langweilige Büromaus zu sein wie meine Mutter und meine Tante, die nichts kennt von der Welt ausser ihr Büro und die Leute in ihrer Wohngegend. Wenn ich mich neu erfinden will, Charlotte meinte das beste an meinen Arbeiten war die Verbindung zu bildenden Kunst. Ich fand eigentlich das Beste in letzter Zeit war der Dialog, die lecture zu zweit, zu zweit in Fahrt kommen und einen Zahn zu legen.

You can make it, if you really try - really?  Any Rand schreibt in dem Buch, das ich gerade lese: Das Erfolgsgeheimnis totalitärer Kräfte be...